Der Strom kommt aus der Steckdose...

 
...und das auch noch sehr verlässlich, so glauben das zumindest viele Menschen. So selbstverständlich ist das aber nur weil dahinter eines der besten und sichersten Stromnetze der Welt steht. Hinter unserer sehr hohen Versorgungssicherheit steckt ein europäisches Verbundsystem, dass nur im Gesamten sicher funktioniert. Es wurde für die Stromversorgung durch berechenbare und steuerbare Großkraftwerke errichtet. In den letzten Jahren haben sich jedoch die Rahmenbedingungen erheblich verändert.

Anzahl der Erzeugungsanlagen steigt dramatisch: 
So ist etwa in Deutschland die Anzahl der Erzeugungsanlagen in den letzten 10 Jahren von rund 1.000 auf über 1,7 Millionen (Stand Ende 2016) angestiegen. Diese vielen neuen Kleinkraftwerke (meist Wind- und PV-Anlagen) haben eine unangenehme Eigenschaft. Sie können nicht konstant Strom liefern, sondern sind auf Wind- und Sonnenverhältnisse angewiesen – es kommt zu einer volatilen Stromerzeugung. Zusätzlich belasten auch andere Eingriffe, wie etwa der “Energie-Only-Markt”, der keine Rücksicht auf physikalische und damit infrastrukturelle Voraussetzungen nimmt, die Systemsicherheit.

Ein erster Vorgeschmack...
Einen ersten Vorgeschmack auf das, was kommt, bot das Jahr 2017. Der Jänner war trocken, kalt unStrommix 2016/2017 in der EUd finster. Der Juni trocken, heiß und windstill. Die Folge: Weder die Wasser-, Wind- noch Solarkraftwerke haben genug Strom erzeugt, um den heimischen Bedarf zu decken. An 301 Tagen musste der Übertragungsnetzbetreiber APG eingreifen, um das Netz stabil zu halten. Diese Eingriffe haben im Jahr 2017 320 Mio, im Jahr 2018 346 Mio. Euro gekostet. Im Jahr 2011 haben diese Kosten noch 2 Mio. Euro betragen, 2009 waren diese Aufwände überhaupt noch nicht erforderlich. Eine Lösung dieses Problems kann nur eine sinnvolle Speicherlösung erzielt werden.

Speichern, aber wie...
Zurzeit ist die großtechnische Speicherung nur in Pumpspeicherkraftwerken realisiert. Der Bau von neuen Pumpspeichern scheitert jedoch meist an Umweltschutzauflagen. Von Batteriespeichern und Power-To-Gas Analgen ist zwar immer die Rede. Diese Anlagen sind im netzrelevanter Größe noch nicht installiert und beschränken sich nur auf Versuchs- oder Kleinanlagen. Aus wirtschaftlicher Sicht ist das Speichern von Strom nicht lukrativ, da ja durch den starken Ausbau von PV- und Wind-Anlagen, meist ein Überangebot an Strom herrscht. Die Zeitfenster, in denen eine Unterversorgung herrscht, werden immer enger. Somit werden auch die Zeitspannen an denen Energie aus Speichern benötigt wird, immer kürzer und ihre Wirtschaftlichkeit sinkt damit ebenfalls. Leider wird ein noch so großer Ausbau der erneuerbaren Energie diese Lücken nie ganz füllen können. Es wird immer "Dunkelflauten" geben, wo weder Sonne scheint, noch Wind weht. Die Herausforderung, die Netzsicherheit zu gewährleisten, besteht dann genau zu diesen Zeitpunkten. 

Umdenken nicht in Sicht
Solange es nicht ein grundlegendes Umdenken auf Regierungs- und EU-Ebene gibt, wird sich daran leider auch nicht wirklich viel ändern und wir werden uns weiterhin auf sehr dünnem Eis bewegen. Selbst wenn man jedoch sofort unsere Energiepolitik grundlegend überdenken würde, kämen alle erforderlichen Schritte um Jahre zu Spät. Derzeit ist aber mit der geplanten Einführung der Elektromobilität gerade das Gegenteil der Fall.

Egal wie umweltfreundlich die E-Mobilität auch auf den ersten Blick sein mag, solange wir EU-weit unseren Strom zu 45% aus fossilen Brennstoffen und zu 26% aus Kernenergie erzeugen ist die Nachhaltigkeit dieses Vorhabens sehr in Frage zu stellen. Doch nicht die Erzeugung, des erforderlichen Stromes, wird das Hauptproblem werden. Für den Transport und die Verteilung der erforderlichen Energiemengen an eine flächendeckende Ladeinfrastruktur ist unser derzeitiges Hoch- und Niederspannungsnetz nicht ausgelegt.

Protest im Namen des Umweltschutzes
Umweltschutz ist ein sehr wichtiges Thema und ich will hier keinesfalls gegen eine vernünftige Umweltpolitik sprechen. Es ist in den letzten Jahrzehnten aber zur Mode geworden gegen alle Formen der elektrischen Energiegewinnung und Verteilung zu protestieren und zu demonstrieren. Egal ob ein Laufkraftwerk, ein Pumpspeicherkraftwerk oder eine Stromleitung geplant wird, treten sofort Umweltaktivisten und Bürgerinitiativen auf den Plan. Natürlich kann man bei jedem Projekt negative Aspekte und Umwelteinflüsse finden. Teilweise werden die aber auch aus dem Nichts konstruiert. Wollen wir unsere Versorgungsicherheit auch in Zukunft gewährleisten, so wird uns aber irgenetwas recht sein müssen. Ein gleichzeitiges absichern der Versorgungssicherheit und der Netzstabilität und eine Befriedigung aller Umweltaktivisten und aller Interessen von Einzelpersonen und Kommunen wird nicht möglich sein. Es wird immer Kompromisslösungen geben müssen, in denen die technischen Erfordernisse der Netzbetreiber im notwendigen Maße umgesetzt werden können. Manchmal ist man wirklich dazu verleitet zu glauben, dass manche Menschen im ernst an den "Strom aus der Steckdose" und an die, an Österreichs Außengrenzen installierten, berüchtigten "Atomstromfilter" glauben.

Wirtschaftliche Interessen stehen vor technischen Anforderungen
Ein weiteres großes Problem stellt die Liberalisierung des Strommarktes dar. Was sich am ersten Blick, durch den entstehenden Wettbewerb, positiv auf die Preisentwicklung für den Endverbraucher auswirkt, bringt aber große Gefahren für die Netzsicherheit mit sich. Jeder Windpark, PV-Großanlagen  und im Prinzip auch jede PV-Anlage auf privaten Hausdächern liefert nur dann Strom wenn gerade der Wind geht oder die Sonne scheint. Ohne Wind und Sonne auch kein Strom. Die Stromkunden wollen/brauchen aber, rund um die Uhr, eine ausreichende Versorgung mit elektrischer Energie. Auf Grund dieser Tatsache müssen im Hintergrund immer konventionelle Kraftwerke (Kohle- und Gas-, teilweise sogar uralt Braunkohlekraftwerke) "mitlaufen", die beim Ausfall von PV und Wind sofort einspringen und die Stromproduktion kurzfristig übernehmen müssen. Diese Kraftwerke sind auf Grund ihr Beschaffenheit für die erforderlichen Reaktionszeiten eigentlich nicht geeignet. Erhöhter Verschleiß und schlechter Wirkungsgrad sind dadurch die Folge. Dieses andauernde "Katz- und Mausspiel" führt zu immer häufiger auftretenden, gefährlichen Situationen und kritischen Zuständen im Verbundnetz.

Stromhandel an der Börse
Am Spotmarkt der Strombörse EEX in Leipzig wird Strom im Stunden- und seit einiger Zeit auch schon im Viertelstundentakt gehandelt. Diese kurzen Zeitinterwalle, gemeinsam mit der Volatilität der Ökostromproduktion führen immer öfter zu kurzfristigen Engpässen aber auch Überschüssen welche wiederum die Sicherheit des Transport- und Verteilnetzes gefährden. 

Physikalische Grundgesetze
Umweltschutz und wirtschaftlich Interessen werden immer mehr in den Vordergrund gestellt. So wichtig diese Aspekte auch sein mögen, sollte vor gravierenden Änderungen in der Energieversorgung immer vorher die technische Machbarkeit geprüft werden. So zum Beispiel stehen Termine für die Abschaltung von Kohle- und Kernkraftwerken, welche nun mal eine wichtige Säule und die Bandleistungslieferanten in unserer Stromversorgung sind, bereits fest. Ein gleichwertiger Ersatz aus erneuerbarer Energie, den es nur mit den richtigen Speicherlösungen geben kann, ist jedoch noch nicht mal in Sichtweite. Ein erforderlicher Netzausbau zur Bewältigung der Energiewende ist, wen überhaupt, erst in der Planungsphase. Eine tatsächliche Umsetzung dieser erforderlichen Projekte dauert, mal von der Finanzierung abgesehen, Jahre, wenn nicht Jahrzehnte. Wer jedoch glaubt, durch Ignoranz und politische Entscheidungen, technisch- und physikalische Grundgesetze aushebeln zu können, wird eines Tages die Rechnung dafür präsentiert bekommen. Die Folgen dieser Fehlentwicklung werden uns alle in ungeahnter Härte treffen.