Blackoutvorsorge in Günseck
Die Vorgeschichte:
Am 10. August 2017 gab es ein schweres Gewitter mit heftigen Sturmböen im Burgenland. Ein Stromausfall der mehrere Stunden in der Nacht vom 10. auf den 11. August 2017 andauerte war die Folge. Auf der Karte für Versorgungsunterbrechungen der Netzburgenland war ersichtlich, dass nahezu das gesamte Burgenland von der Versorgungsunterbrechung betroffen war. Diese Tatsache gab mir den Anstoß mich mit dem Thema längerfristig Stromausfälle und Blackout zu befassen. So kam ich auch auf die Seite von Herbert Saurugg, einem führenden Expertem auf Gebiet der Blackout-Vorsorge. www.saurug.net.
Gemeinsam mit Bürgermeister Christian Pinzker und der Feuerwehr Günseck wurde am 28. Jänner 2018 ein Vortrag von Herbert Saurugg im Vereinslokal "Dorfwirtshaus" in Günseck organisiert. Am 6. Oktober 2018 wurde von der Feuerwehr Günseck der 1. Zivilschutztag, ebenfalls im Vereinshaus veranstaltet.
Diese Veranstaltungen schufen ein Bewustsein bei der Feuerwehr und in der Bevölkerung und die Bereitschaft auch tatsächlich Maßnahmen zu treffen.
Folgende Vorsorgemaßnahmen wurden seit dem von der Feuerwehr und der Bevölkerung von Günseck umgesetzt:
Feuerwehrhaus
Im Feuerwehrhaus wurde eine händische Notstromumschaltung und eine Einspeisesteckdose installiert. Im Bedarfsfall wird von der Fa. Funktechnik Klein GmbH ein 22kVA Dieselaggregat kostenlos bereit gestellt und per Hubstapler oder Kran-LKW angeliefert.
- Die Alarmierung der Feuerwehr und der Bevölkerung (Zivilschutzalarm) mittels Sirene ist dadurch gewährleistet.
- Im Feuerwehrhaus kann die komplette Beleuchtung, Funkanlagen, Garagentore und EDV betrieben werden.
- Die gesamte Elektroheizung kann mit dem Aggregat betriebenwerden.
- Warmwasser wird mittels Durchlauferhitzer aufbereitet und ist, eine funktionierende Wasserversorgung vorausgesetzt, ebenfalls verfügbar.
- Von 22 aktiven Feuerwehrmännern haben bereits 15 Kameraden Notstromversorgungen in ihren Privathäusern eingerichtet und damit ihre Häuser und Familien versorgt. Auf Grund dieser Tatsache kann man auch im Fall eines Blackouts von einer handlungsfähigen Mannschaftsstärke der Feuerwehr Günseck ausgehen.
- Da die komplette Ortsbeleuchtung (Leistung ca. 3kW) vom Verteiler des Feuerwehrhauses gespeist wird, funktioniert auch die Straßenbeleuchtung im ganzen Ort weiter.
Privathaushalte
- Bereits 15 Einfamilienhäuser (von ca. 70 bewohnten Häusern) sind Notstromversorgt. Damit ist in diesen Häusern die Frage der Heizung und der Erhaltung verderblicher und gefrorenen Lebensmittel gelöst. Diese Haushalte werden sich und mit etwas Nachbarschaftshilfe, Verwandte und Nachbarn versorgen können. Auch punkto Lebensmittelvorräten gibt es erfreuliche Rückmeldungen aus der Bevölkerung. Immer mehr unserer Bürger achten wieder darauf, einen Basisvorrat an lang haltbaren Lebensmitteln, Getränken und lebenswichtiger Medikamente zu haben.
Kommunikation
- Als Kommunikationsmöglichkeit stehen nach dem Ausfall von Festnetz- und Mobiltelefonen und dem Behördenfunk TETRA, die Digitalfunkgeräte der Feuerwehr im Direktmode zur Verfügung.
- Weiters ist am Gelände der Fa. FunkTechnik Klein GmbH eine 2m Relaisstation mit einer Antenne auf einem 30m Mast installiert und Notstromversorgt. Es stehen zahlreiche Mobil- und Handfunkgeräte zur Verfügung. Dadurch ist eine Kommunikation aller handelnden Personen vor Ort und auch überorts in einem Umkreis von 10-30km gewährleistet.
- Zur Alarmierung der Feuerwehr oder im Falle eines Zivilschutzalarmes steht, wie schon erwähnt, durch die Notstromversorgung des Feuerwehrhauses die Sirene am Feuerwehrhaus auch bei längeren Stromausfällen zur Verfügung.
Kraftstoffversorgung
- Die Dieselbevorratung erfolgt über ein Hoftankanlage der Funktechnik Klein GmbH. Für die Versorgung der Stromaggregate im Feuerwehrhaus, im Vereinshaus und am Firmengelände der FunkTechnk Klein GmbH steht ein Dieselvorrat von 1500-2500 Liter SADK-Diesel zur Verfügung. 1000 Liter werden von Funktechnik Klein laufend ausgetauscht (Lagerstand daher zwischen 1500 u. 2500 Liter). Wenn man von einem durchschnittlichen Verbrauch von ca. 4L/h pro Aggregat und einer Betriebsdauer von 12 Stunden pro Tag ausgeht, ergibt sich ein Tagesverbrauch von ca. 144 Liter. Damit ist eine Versorgung für einen Zeitraum von ca. 10-17 Tagen gewährleistet.
- Die Haushalte haben je Stromaggregat 80 bis 100 Liter Diesel gelagert. Der Verbrauch der Installierten 6kVA Geräte beträgt ca. 0,7 Liter pro Stunde (je nach abgenommener Leistung). Bei einer Betriebsdauer von 10 Stunden (mehr ist in Privathäusern für einen Notbetrieb nicht erforderlich) beträgt der Tagesverbrauch ca. 7 Liter. Mit einem Vorrat von 80-100 Litern ist somit ebenfalls ein Zeitraum von 11-14 Tagen überbrückbar.
Lebensmittelvorräte
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Im ländlichen Bereich und in Siedlungsgebieten mit größtenteils Einfamilienhäusern und ohne Nahversorger, so wie in Günseck, ist in jedem Haushalt sicherlich immer ein gewisser Lebensmittelvorrat vorhanden. Auf Grund des Informationsvortrag und des Zivilschutztages haben viele Bewohner das Thema aufgegriffen und Ihre Lebensmittelvorräte erweitert und optimiert. Die Bevölkerung kann sich deshalb sicherlich 2 Wochen ohne größere Probleme und Entbehrungen ernähren.
- Lebensmittelvorräte sind immer Sache der einzelnen Haushalte und Familien und werden nicht zentral, für die Allgemeinheit bevorratet. Jeder ist für sich und seine Familie selbst verantwortlich.
- Im Vereinshaus können angelieferte Lebensmittel, die auf Grund ausgefallener Kühlgeräte zu verderben drohen, gekühlt und verkocht werden. Diese Lebensmittel werden an hilfs- und pflegebedürftige Personen, die im Normalfall auf "Essen auf Räder" oder der gleichen angewiesen sind, ausgegeben.
- Von der Einsatzleitung werden Lebensmittel laut Einsatzplan von Bauern, Produzenten und Selbsvermarktern organisiert, welche dann der "Allgemeinheit" zur Verfügung stehen.
Wasserversorgung
- Die Wasserversorgung über die Ortswasserleitung ist nur eingeschränkt und nicht auf längere Zeit gesichert. Die Einspeisung aus dem Netz des "Wasserverband südliches Burgenland" fällt sofort bei ausfall des Stromesl aus, da die nötigen Pumpen nicht Notstromversorgt sind. Die Versorgung aus den gemeindeeigenen Quellen der Wasserversorgung der Gemeinde Unterkohlstätten, an der auch Günseck angeschlossen ist funktioniert durchgehend mit Eigendruck und ohne jegliche Pumpe. Es gibt jedoch eine UV-Entkeimungsanlage. Diese Anlage ist nicht Notstromversorgt. Bei Stromausfall wird das Quellwasser sofort in einen Überlaufkanal umgeleitet und ist nicht mehr Nutzbar. Ein Umgehungsmöglichkeit wurde von der Gemeinde bereits vorgesehen.
- Seit beginn des Projektes achten viele Bewohner immer mehr auf einen eigenen Trinkwasservorrat. Dieser kann in Form von Mineralwasser und alkoholfreien Getränken bevorratet werden. Natürlich kann man auch Wein und Bier in einer gewissen Menge zum Basisvorrat zählen.
- Die Wasserstände des Hochbehälters werden laufend kontrolliert. Im Bedarfsfall (sollte das Trinkwasser wirklich knapp werden, kann Brauchwasser (z.B. für WC-Spülung) aus den umliegenden Bächen und Gewässern Kanistern oder dem TLF der FF-Günseck angeliefert werden.
Abwasserentsorgung
- Das Abwasser fließt, bis auf drei kleine Pumpstationen, im eigenen Gefälle von Günseck in Richtung Kläranlage in Klostermarienberg. Der Anfall an Abwasser wird um einiges geringer sein als im "Normalbetrieb". Ob die Kläranlage diese reduzierte Menge verarbeiten kann ist nicht bekannt. Da Günseck auf einem Hügel liegt, fließt das Abwasser erstmal in Richtung Kläranlage. Die Funktion der Kläranlage und der erforderlichen Pumpanlagen auf den Weg dort hin haben wir keinen Einfluß. Die Absicherung dieser Einrichtungen obliegen dem Abwasserverband.
- Die drei Pumpstationen im Ortsnetz betreffen nur wenige Häuser und können abwechselnd mit dem Notstromaggregat der Feuerwehr in den Hauptkanal umgepumpt werden.
Vereinshaus - Dorfwirtshaus (alte Schule)
Im Vereinshaus wurde eine händische Notstromumschaltung und eine Einspeisesteckdose installiert. Im Bedarfsfall wird von der Fa. Funktechnik Klein GmbH ein 42kVA Dieselaggregat kostenlos bereit gestellt und mittels Hubstapler oder LKW-Kran angeliefert.
- Das Haus wird elektrisch beheizt. Die komplette Heizung hat eine Anschlussleistung von ca. 25kW. Das Haus kann somit vollständig mit dem Notstromaggregat beheizt werden.
- Günseck hat ca. 200 Einwohner. Das Vereinshaus bietet Platz für alle 200 Personen. Es kann damit im Extremfall die komplette Bevölkerung in geheizten Räumlichkeiten untergebracht und mit warmen Getränken und teilweise auch mit Speisen versorgt werden.
- Die Beleuchtung im ganzen Gebäude funktioniert wie gewohnt.
- Die vorhandenen Sanitäranlagen können beim Ausfall der Wasserversorgung auch mit angeliefertem Brauchwasser aus den umliegenden Bächen versorgt werden.
- Ein Kühlraum und zusätzliche Gefriergeräte stehen zur Verfügung.
- Ein Getränkevorrat aus dem laufenden Betrieb des Vereinshauses (Dorfwirtshaus) ist vorhanden.
- Kochmöglichkeiten wie Glühweinkocher, Fritter und Kochplatten sind vorhanden und können auch elektrisch betrieben werden.
- Größere Mengen an Speisen können auch in der "Kistenfleischkiste" des MSC-Günseck, in Futterdämpfern mit Auslasspfannen oder in einem doppelwandigen Schnapskessel mit Holzbefeuerung gekocht werden.
- Lebensmittel werden im Vereinshaus keine bevorratet. Verkocht werden nur Lebensmittel, die von der Bevölkerung bereit gestellt werden.
- Hilfsbedürftige Personen, die im Normalfall mit "Essen auf Räder" oder der Gleichen versorgt werden können im Vereinshaus mit Essen und Getränken versorgt werden.
- Medizinische Erstversorgung, Blutdruck messen, Verbände wechseln und andere einfache Tätigkeiten, können durch diplomiertes Krankenpflegepersonal aus der Ortsbevölkerung erledigt werden. Fahrten zu Ärzten oder in Krankenhäuser können organisiert und gemeinschaftlich durchgeführt werden.
- Besorgungsfahrten werden organisiert und mit möglichst wenigen Fahrzeugen gemeinschaftlich und dadurch treibstoffsparend durchgeführt.
- Von der Einsatzleitung im Dorfwirtshaus wird Verbindung zur Gemeinde, Polizei, und Bezirkshauptmannschaft gehalten und die Bevölkerung mit gesicherten Informationen versorgt.
- Ein Kriseneinsatzplan wurde von der Feuerwehr erstellt und wird, ab bekanntwerden einer Großstörung, abgearbeitet.
Fazit:
Günseck ist für einen längerfristigen Stromausfall gerüstet. Auch in der Bevölkerung wurde ein zufriedenstellendes Maß an Bewusstsein erreicht. Um eine reibungslose Funktion des Krisensammelzentrums "Vereinshaus - alte Schule" zu gewährleisten sind aber trotzdem laufende Informationen und Übungen notwendig und geplant. Eine sehr gute Möglichkeit dazu ist das abhalten eines Zivilschutztages, so wie er erstmals am 6.10.2018 mit großem Erfolg abgehalten wurde und am 3.10.2020 wieder stattfindet.
Die Krisenfestigkeit der Bevölkerung kann nicht durch einmalige Anschaffungen oder Aktionen sondern nur durch einen ständigen Prozess und eine gewisse Umstellung der Lebensgewohnheiten erreicht werden.
OBI Sigi Klein, Kdt. der FF-Günseck